Der Herbst hat sich dezent angekündigt, mit den vertrauten und willkommenen Signalen. Es war die Orchestrierung der Motorsägen vor ein paar Wochen, der würzige Rauch aus vereinzelten Kaminen an den kühleren Tagen, die plötzliche klare, lebendige Frische zu Sonnenuntergang. Eine subtile Veränderung der Luft and sich, und der filigranenen Gewürzmischung, deren Duft sie trägt.

Der Herbstbeginn tut so gut, wirkt belebend, als hätten wir unter Hitze und Schwüle gelitten. Die Luft ist leichter, alles wird beweglicher, deutlicher, eben lebendiger. Wie auch die Wespen, die ihre letzten Tage mit wilder, verrückter Betriebsamkeit vollpacken. Und ja, der allgemeine Einzug. Das untrügliche Zeichen für ein Ende der sommerlichen Wärme: in diesem uralten Haus mit seinen vielen Türen und zahllosen Ritzen herrscht auf einmal reger Betrieb. Sämtliche Arten von Insekten, zu Boden und in der Luft, Spinnentiere und auch vereinzelte Schnecken bahnen sich den Weg hinein, hoffen auf ein gastfreundliches Winterquartier. Bei den meisten versuche ich, als Alternative die Scheune oder den Stall anzubieten. Manche werfe ich dann doch direkt wieder hinaus, besonders, wenn das Wetter ohnehin traumhaft schön ist. Bei manchen habe ich den untrüglichen Eindruck, dass sie am Abend wieder da sind. Eine grössere Anzahl von ihnen schlägt in all den Ritzen un Winkeln ihr Quartier auf.

Einer habe ich allerdings den Einlass verweigert: die riesige Hornisse fleht mich seit mehreren Abenden praktisch an, wirft sich an verschiedene Fensterscheiben, versucht sich mit dröhnendem Brummen Gehör zu verschaffen und macht einen so verzweifelten Eindruck, dass ich ihr wirklich gerne helfen würde. Dafür habe ich aber schon zu oft an solchen Herbstabenden die Katze wegsperren müssen und bei weit geöffneten Fenstern und Türen die halbe Nacht mit Lampen draussen verbracht, in der Hoffnung, diesen Kampfbomber wieder aus dem Haus zu locken. Ja, sie sind in der Regel recht gelassen und friedlich, aber doch gefährlich genung, und sie haben mir immer schon gewaltigen Respekt eingeflösst. Das ginge viel zu weit. Auch für sie gibt es hier bestimmt andere recht geschützte Plätze – warm bleibt es hier im Haus auch nicht.

Meine Katze befasst sich mit den noch grösseren Anwärtern, und sie hat da ganz andere Lösungen parat. Sie kommt kaum zum Schlafen, weil sich die Siebenschläfer gerade wieder lautstark in der Bretterwand zur Tenne einrichten und offenbar auch einige Mäuse bei uns einziehen wollen. Da kann es schon passieren, dass sie die ganze Nacht an einem Spalt Wache hält, und irgendwann liegt die Beute auf dem Läufer. Sie ist hier in Relation der Grosswildjäger, macht den Löwenanteil der Arbeit. Der Kater übernimmt den Job in Scheune und Stall, seine Opfer erinnern eher an Ritualmorde, ich gehe besser nicht näher darauf ein… Und schon ist es makaber geworden, während ich eigentlich vom schönen Herbstbeginn schwärmen wollte.

Dabei fällt mir der Abschied vom Sommer immer so furchtbar schwer, im August werde ich schon melancholisch und zähle die warmen Abende. Besonders hier, in diesem uralten Bauernhaus, ist das Ende des Sommers auch das Ende des bequemen und leichten Lebens. Bald werden die meisten Räume schon wieder zu kalt sein, und ich muss mich an den Küchenherd klammern. Jetzt aber erleben wir die idealen Tage – so strahlend und warm, dass der Herbst sich tatsächlich ankündigen muss, sonst würde man ihn gar nicht bemerken. Der kalte Herbstregen letztens war so gemütlich, weil es im Haus noch angenehm warm war, ein seltener und willkommener Luxus bei Schlechtwetter. Und auch das heutige wolkenverhangene grau ist mild und friedlich. Die Bäume tragen farbige Strähnchen, bescheiden geschmackvolle Akzente im herbstlich klaren Landschaftsbild. Das Brennholz liegt bereit. Gestern Nachmittag habe ich kurze Hosen angezogen, so warm war es vor dem Haus.