Gemeinsam geniessen wir den Frühling. Auch wenn die Gelegenheiten, sich in der Sonne zu räkeln äusserst rar sind, fühlen wir uns als Teil einer lebendigen Welt. Die Bewegungsfreiheit, das Körpergefühl, ist ein ganz anderes, nach dem sich die Winterstarre löst. Auch wenn man den Eindruck haben könnte, dass die Temperaturen dies kaum zulassen: ich jammere regelmässig darüber, immer noch zwei Pullover und zwei paar Socken zu tragen und beim Küchenherd sitzen zu müssen. Die Kälte dringt eher wieder tiefer in das Haus hinein, anstatt sich in Wohlgefallen aufzulösen. Die Natur scheint dies alles nur bedingt zu stören. Der Frühling ist einfach haltbarer, kühl konserviert. Nachdem wir zwei Monate lang blühende Narzissen hatten, die sich gleich mehrere Schneedecken haben gefallen lassen, ist es nun die Apfelblüte, die besonders spät begann, aber sich prächtig über Wochen hält. Dies ist auch bitter nötig, denn bei Kälte und Regen ist das Flugwetter einfach mies. Die Vögel holen sich immer noch gern ihr Frühstück ab, aber auch Bienen sieht man nur vereinzelt – und ich hoffe sehr, es gibt mehr als nur noch eine handvoll! Die Hummeln sind da, in ihrem dicken Pelz, schon etwas mutiger, aber von ihnen habe ich schon manche ganz steif und bewegungsunfähig ausharren sehen, in der Hoffnung auf ein paar erlösende Sonnenstrahlen…

Zum Mähen ist es fast durchgehend zu nass, und obwohl ich mich mit der Zufahrt schon abgemüht habe, um meine Chancen gegen den Dschungel intakt zu halten, wuchert es nun um uns herum, und umschliesst unsere Welt statt mit Schnee in lebendigem Grün. Den Katzen längst über den Kopf gewachsen, gestalten sie das Wiesenbaden mit spannender Mäusejagd. Auch hier noch kein Eindämmen des Gräsermeeres in Sicht, die Kühe haben wohl noch nicht so richtig Freigang… Vor dem Haus spriesst der Löwenzahn, um die Bienen zu bewirten, die doch einmal die Anreise wagen können. Auf Eis und Schnee müssen wir noch nicht ganz verzichten, damit die Entwöhnung nicht so schwer fällt: regelmässig rauschen lautstarke Graupelschauer auf uns herab. Kleine und nicht so kleine Eiskügelchen in entsprechend temperierter Luft, vor denen ich alle Pflänzchen und Setzlinge zu bewahren versuche. Ich habe brav die Eisheiligen abgewartet, die gefürchtete Kälteperiode mitte Mai. Aber diese – aus mir unbegreiflichen Gründen vereehrten – Herrschaften haben es wohl nicht sehr eilig, harren noch aus. Pflanzen, die doch schon in den Garten umgesiedelt sind, brauchen Schutz. Gestern Abend lag die Temperatur nur ganz knapp über dem Gefrierpunkt. Sogar meine vorgezogenen Gemüsesorten wollen in diesem Jahr nicht so recht, haben wohl schon im Haus gespürt, dass die Lage gar nicht so verlockend ist. Gerade habe ich wieder Vogelfutter nachgefüllt, sogar Kokosfett bereitgelegt für das Rotkehlchen, das den ganzen Tag schon auf der Suche ist. Denn diese Umstände helfen wohl nicht gerade dabei, Insekten und Vögel zu erhalten. Das Wiesenbaden kann man im Moment wieder einmal ganz wörtlich nehmen – auch wenn der Regen kurz einmal aufhört, die Katze, die sich da durchwagt, ist platschnass, und ich bis zur Hüfte.

Für Gartenarbeit ist es zu matschig, zu kalt, zu früh, und doch schon zu spät, wenn man die kurze Sommersaison bedenkt. So vieles ist im Rückstand und kann sich gerade nicht entfalten. Wenn mich sonst schon oft das Gefühl beschleicht, es sei unnatürlich, zu mähen und zu jäten, wenn gerade endlich alles wächst, so ist in diesem Jahr dieses Lebenszeichen der Natur nur noch willkommener. Ja, der Winter ist wohl doch vorbei, und alles wächst und spriesst! Und leuchtet vor Lebensfreude, sobald der Nebel sich lichtet. Es zeugt von Frühling, wenn die Gräser bis zum Fenster hochwachsen, während ich in zwei Pullovern und zwei paar Socken im Küchenherd Holz nachlege und abends mit einer Wärmflasche ins Bett gehe.