Meine Katze hat ein Empty Nest Syndrom. Sie weiss tatsächlich nicht, was sie mit dem Tag anfangen soll – ihre Hauptbeschäftigung fällt aus. Es geht zur Tür raus, wieder zur Tür rein, treppauf, treppab, immer wieder zu mir auf die Terasse… sie schaut sich um, schaut mich an, geht wieder von Neuem nachsehen. Aber es tut sich einfach nichts. Den Grossteil des Sommers hat sie oben in der Tenne zugebracht, auch an den strahlend schönen Tagen hockte sie am alten Heuboden oder irgendwo in der grossen Scheune. Dort gibt es als Katze zwar immer irgendwas zu sehen, während der letzten Monate konnte sie sich aber kaum losreissen: mindestens vier Rotschwanz-Familien haben dort im Gebälk und unterm Dach genistet. Und mit einer Brut war es nicht getan, es gab den ganzen Sommer lang immer irgendwo nervös schimpfende Eltern und laut fiepende Jungvögel. Und jetzt: Keiner da. Was tun, so ganz ohne Aufgabe? Wo einen Tagesinhalt finden? Sie sucht, wartet, fragt mich um Rat… Ich springe ein, so gut ich kann, wir spielen und spazieren ein wenig, aber was ist das schon, verglichen mit richtiger Erwerbsarbeit und artgerechter Herausforderung?

Schon rasch ist die Sinnkrise überstanden. Dies ist schliesslich kein simples Wohnhaus, sondern ein Ökosystem mit eigener Flora und Fauna. Sie hat sich zur Zeit den Siebenschläfern verschrieben, wartet schon am Nachmittag, liegt den ganzen Abend in den Dachbalken auf der Lauer, so dass ich erst spät ins Bett komme, weil ich auf sie warte…