Artgerecht Leben

Noch kein Sommer

Fast jeden Tag denke ich an vergangene Jahre, als wir im Mai schon unter der ersten Hitzewelle gestöhnt und sogenannte Tropennächte mit 20°C erlebt haben. Ich finde es durchaus beruhigend, dass dies noch nicht zum Standardprogramm gehört. Vorige Woche wurde mir plötzlich bewusst, dass ich genauso gekleidet war wie im Januar. Nur die Kaputze hatte ich nicht den ganzen Tag auf.

Die Eisheiligen wollen ihren Mantel noch nicht so recht heben, scheinen sich nach jedem Versuch der Sonne, das Land zu wärmen, wieder von Neuem auszubreiten. Von nächtlichem Frost bleiben wir gerade noch verschont, dem Garten geht es soweit gut. Die anfängliche Trockenheit ist überstanden, Regen gab es öfter. Nur habe ich jetzt gerade wieder einmal den grossen Kaktus durch die Balkontür zurück ins Haus manövriert. Manche Pflanzen, die im Sommer nach draussen übersiedeln, harren immer noch in der Küche aus. Mein Gemüse, all die Plänzchen und das Saatgut, denen ich dieses Jahr früher als sonst das Freiland zugemutet habe, sind einfach zum Stillstand gekommen. Zwar haben sie an sich keinen Schaden genommen, das Wachstum wurde jedoch vorübergehend eingestellt. Alles verharrt und wartet ab, ob die Sonnenwärme sich länger als ein paar Stunden behaupten kann.

Diese paar Stunden reichen gerade so, damit es im Haus erträglich bleibt und nicht noch kälter wird – erträglich nur, wenn man daran gewöhnt ist und den ganzen Tag über draussen bleibt. Jeder ‘normale’ Mensch würde bei diesen Temperaturen heizen. Abends begleiten mich immer noch Wärmflasche und Extradecken. Tagsüber warme Socken und die dicksten Kaputzenshirts. Was gar nicht so unpraktisch ist, wenn ich beim Mähen ohnehin Stiefel und lange Hosen anhaben muss – nun ist es deutlich weniger schweisstreibend.

Wir erleben glasklare Tage, frisch und gestochen scharf wie im Spätherbst. Wir erleben Regentage, die uns jede Aussicht nehmen und die Feuchtigkeit noch kälter scheinen lassen. Die meisten Tage sind geradezu dafür geschaffen, um gröbere Arbeiten in und um den Garten zu erledigen und sich draussen zu betätigen. Am Ungewöhnlichsten für die Jahreszeit sind die Tage zwischen Dunst und Nebel, an denen sich die Sonne zwischen den Hügeln verliert und das Licht sich im Tröpfelregen spiegelt.

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