Gerade habe ich das Ohr vom Kater mit Sonnencreme eingerieben – es hat noch ganz nackte, kahle Stellen, die gerade sehr nach Sonnenbrand aussehen – ansonsten ist alles soweit wieder gut.
Es ist schon wieder eine Weile her, als er mittags auftauchte und mir der erste Schreck und Schmerz durch Magen und Bauch ging. Ein Ohr war völlig dunkelviolett verkrustet und verstümmelt, Schultern und Kopf waren komplett mit Blut bespritzt. Unser schöner, gutmütiger Kater war wirklich ‘beschädigt’ worden. Ich konnte ihn anfassen und abtasten, er wirkte nicht weiter verschreckt oder beeinträchtigt, nach einer ersten Beobachtung schien die Verletzung sich nur auf das eine Ohr zu beschränken. Er musste ununterbrochen den Kopf schütteln, natürlich, weil es weh tat, aber sich auch sonst alles nicht richtig anfühlte. Aber davon abgesehen schien er wohlauf und ging seiner Wege. Ich habe mich noch gar nicht getraut, dieses verklumpte Etwas genauer zu untersuchen. In solchen Fällen beginnt gleich das Abwägen: sofort zum Tierarzt, um sicher zu gehen, oder abwarten, um ihm diese zusätzliche Tortur vielleicht ersparen zu können? Den Katzenkorb griffbereit, hätte ich ihn gern noch genauer im Auge behalten, aber an diesem Tag ist er in der Zeit der Sprechstunde natürlich nicht mehr aufgetaucht… Abends machte er nach wie vor einen munteren Eindruck.
Am nächsten Vormittag kam er in die Küche spaziert, nach wie vor mit dem Kopf schüttelnd, ansonsten in gemütlicher, gelassener Stimmung. Ich war froh, ihn zu sehen – ich war abends und nachts doch angespannt, bei solchen Zwischenfällen weiss man nie, ob die Konflikte noch weitergehen. Es ist die Zeit, in der Katzen rollig werden und fremde Kater auf der Suche nach Action und vollgepumt mit Hormonen die Gegend unsicher machen können, unerbittlich und unaufhaltsam wie auf Stereoiden. Nun ist unser Kater, naja, streng genommen kein Kater mehr. Das ist wohl das, was passiert, wenn der angestammte Lebensraum (‘sein’ Hof, den er schon vor unserer Ankunft bewohnte) plötzlich von Frauen übernommen wird und mann sich ihrer Willkür ausliefert… Trotzdem, bei uns bleibt er der Mann am Hof, und er nimmt diese Rolle auch ernst. Er ist derjenige, der nach Kräften unser Revier schützt und verteidigt. Das tut er unter Einsatz seiner Gesundheit, und es ist ein harter Job, der Anerkennung verdient.
Es gab auch früher schon Zwischenfälle, Blut, schmerzende Gliedmassen, Tage, an denen er deutlich völlig geschafft und gerädert war und Schnerzen hatte. Letztes Jahr bin ich an einem frostklirrenden Wintertag mit richtig Schnee mit ihm zum Tierarzt gefahren, und er musste unterwegs auch noch die Geduld aufbringen für die ganze Prozedur mit den Schneeketten. Zudem musste ich ihm, der gerade schlimme Kälte gewohnt war, eine äusserst warme Praxis zumuten, um ihn später wieder in die klirrende Kälte zu entlassen… Aber mit einer Antibiotikaspritze war er auch damals schnell wieder auf dem Damm. Vor ein paar Tagen noch bin ich aus dem Bett gesprungen, habe mich vollständig angezogen und bin hinausgelaufen, weil das Geschrei einen ernsten Kampf anzeigte. Nachdem ich mich kurz draussen umgesehen hatte, sass der der Kater schon wieder vor der Tür und begann sich ausgiebig zu waschen. Also Entwarnung, zum Glück. Es würde zu weit gehen, sich auch noch um seine ‘Gegner’ Sorgen zu machen, aber manchmal meldet der Gedanke sich doch… die meisten Kater in der Gegend bekommen wohl keine liebevolle Erstversorgung und Nachbetreuung.
An diesem Vormittag jedenfalls kam er mit seinem verunstalteten Ohr und immer noch voll mit eingetrocknetem Blut – an Stellen, an die er selbst schlecht hinkommt – gemütlich zu mir in die Küche. Gleich habe ich warmes Wasser mit etwas Kristallsoda und Papiertücher vorbereitet, mich neben ihn gesetzt und ihn gestreichelt. Ich hatte wenig Hoffnung, etwas ausrichten zu können, aber als ich anfing, klatschnasses Papier an das Ohr zu halten, um das verklumpte Blut langsam aufzuweichen, fand er es ganz gemütlich und entspannend. Wahrhaftig: dieser ‘wilde’ Kater, für den es vor zwei Jahren noch ein gewaltiges Risiko bedeutete, überhaupt eine menschliche Hand in seine Nähe zu lassen, lag schnurrend und entspannt neben mir und fand die ausführliche Behandlung deutlich hilfreich, wenn nicht sogar angenehm. Es hat eine ganze Weile gedauert, bis ich ihn einigermassen gereinigt hatte, er machte durchaus den Eindrück, als würde er die Zuwendung geniessen. Die Verletzung habe ich einige Tage immer wieder mit einer pflanzlichen, entzündungshemmenden Salbe eingerieben, die sich bei solchen Gelegenheiten öfter bewährt hat. Nach und nach irritierte es ihn weniger. Die Heilung ging gut voran. Ein Stück vom Ohr fehlt allerdings.
Een zeer herkenbaar verhaal. Wij hebben dat destijds ongeveer net zo meegemaakt met de aanvankelijk ook volkomen wilde Freek.