Artgerecht Leben

Lieber ohne Hitze

Dass ich letzendlich hier lebe, hat auch damit zu tun, dass ich aus zwei Wohnungen regelrecht vor der Hitzeentwicklung geflüchtet bin. Die erste war eine traumhafte, weitläufige Dachwohnung, ausgefallen, vielseitig, wunderschön und loftähnlich. Ich hatte diese Wohnung unbedingt haben wollen. Ende Mai bin ich dort eingezogen, und Mitte Juni schlug die Freude in einen regelrechten Schock um. Ich war skeptisch und nicht ganz naiv, und hatte mir daher bestätigen lassen, dass es eine sehr dicke Isolierung aus Steinwolle gab. Leider erwies sich diese als falsch angebracht und recht kontraproduktiv. Am ersten heissen Tag bin ich noch losgezogen und habe alles zusammengekauft, was kühlen und abschirmen könnte – Sonnensegel, Isolationsmaterial für die Fenster… Alles abgeschottet, zu, finster, überall Gefässe mit kaltem Wasser, getränkte Handtücher… und man fühlt sich nur noch völlig ausgelaugt, richtig krank, die Luft ist furchtbar. Es gibt keine Erleichterung, nichts, wo man hin könnte. Nachts wach bleiben, alles aufreissen, kein Auge zu tun, morgens genau im richtigen Moment alles schliessen und verdunkeln. Dabei konnte eine Abkühlung von höchstens zwei Grad erreicht werden. Ging die Sonne auf, stieg die Temperatur schlagartig. Nach drei Tagen war Flucht der einzige Ausweg. Völlig übermüdet und erschöpft, konnte ich zum Glück mitsamt Katze in einer Hütte bei meinem Onkel unterkommen. Als ich im Sommer zwischendurch noch dort war, um nach dem Rechten zu sehen, blieb die Temperatur nachts trotz Gewitter bei 38 Grad.

Ich möchte sämtliche Widrigkeiten und Belastungen hier gar nicht weiter ausführen – ich denke aber, man muss extreme Zustände erlebt haben, um ich überhaupt vorstellen zu können, wie lebensfeindlich solche Temperaturen dauerhaft sind.  Ansonsten habe ich in jenem Sommer  sogar weniger unter der Hitze gelitten als mein Umfeld. Bei der nächsten Wohnung war es nicht so krass, trotzdem wurde es für mich zum Hauptkriterium, ein kühles Haus zu suchen. Und das implizierte fast schon: ein altes Haus. Wenn auch im Winter vielleicht nicht komfortabel, muss man keine Angst vor tatsächlich unerträglichen Umständen haben. Ich weiss gar nicht, was den Unterschied so gross macht. Es ist doch auch nur Stein und Holz. Aber es funktioniert. Vollkommen. Dieses Haus ist, wie alle alten Bauernhäuser, die ich kenne, den ganzen Sommer richtig kühl. Einen Beitrag liefert sicher die Anordnung – um so höher die Sonne im Frühjahr steigt, umso weniger bekommen Fenster und Wände ab. So werden mitten im Sommer weder Fenster noch Wände des Wohnbereichs erhitzt, weil sie im Schatten von Dach und Balkon liegen. Die alten, dicken Natursteinwände tun das ihre, aber die Holzwände sind gar nicht so dick, und Holz ist ein warmes Material. Es funktioniert enfach.

In diesem Jahr haben wir hier in unserem Eck auch noch gar keine richtig heissen Tage gehabt. Im letzten Sommer schon. Da habe ich noch in der grösseren Stadt gearbeitet, und alles stöhnte nur unter Hitze. Was ist Heimkommen für eine Erleichterung, wenn die Luft draussen schon so viel angenehmer und frischer ist, man an der Haustür von einer wunderbaren Katze und von wunderbar, herrlich kühler Luft empfangen wird. Wie wichtig so etwas sein kann. Erholung. Ich höre in letzter Zeit immer mehr Leute über den schlechten Sommer klagen. Letzens hörte ich sogar: “Es ist zum Verzweifeln! In den Nachbarländern haben sie schon bald 40 Grad, und hier ist das Wetter zum Verzweifeln!” Kann man sich das vorstellen? Es gibt noch Menschen, die darüber jammern, dass es nicht heiss genug ist. Sie wollen baden, in der Sonne liegen, und realisieren sich gar nicht, dass es auch zu heiss sein kann. Auch hier in Europa gibt es, bedingt durch Hitze, Todesfälle und Naturkatastrophen. Freut Euch einfach über die Atempause! Ich würde allen, denen es zu warm wird, gern etwas von dieser so natürlich kühlen, ruhigen Atmosphäre schicken.

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