Es ist frisch. Die Luft ist herbstlich, pur, klar, kühl. Wir haben Schafskälte – traditionell kühlere Tage im Juni, die sich im diesem Jahr wesentlich deutlicher bemerkbar machen als die berüchtigten Eisheiligen im Mai. Auch im Haus ist es schon wieder kühler geworden.

Und doch waren sie an den vergangenen Abenden öfters zu sehen: Fünkchen in der Luft, tanzende Leuchtpunkte in der Nacht. Ich glaube, den Ausdruck ‘Feuerfliegen’ gibt es im Deutschen gar nicht, dabei ist die Bezeichnung so passend. Obwohl, das erste Exemplar, das ich in diesem Sommer bemerkt habe, war ein Würmchen: ein starkes, phosphorisierendes Leuchten im Gras, als ich bei einsetzender Dunkelheit noch im Garten war. Ein paar Abende später begannen die leuchtenden Pünktchen durch die Dunkelheit zu schweben. Eine märchenhafte Showeinlage der Natur.

Ein denkwürdiges, atemberaubendes Schauspiel habe ich vor einigen Jahren bei unserem vorigen Haus erleben können. Vor der Haustür erstreckte sich ein Stückchen Rasen, eine riesige Eiche und einige Buchen flankiertem den Übergang über einen malerischen Bach, von dort führte ein Pfad in einen Mischwald, der zu allen Tages- und Jahreszeiten wunderschön und verlockend war. Der Geruch von Wasser, das Plätschern, der Atem des Waldes, der Duft von Gras, Humus und Erde. Zu Sommerbeginn stand der Vollmond so tief über dem dichten Wald, dass der Pfad magisch von indirektem Silberlicht geflutet wurde, der Wald ringsum schien dunkel unter schimmerndem Laub. In diesem traumgleichen Strom von Licht zahllose tanzende Elfen, Sternenstaub, ein Luftballet von Funken.

Die Isländer leben mit ihren Naturgeistern. Magisch. Traumhaft. Real.

…Und letzte Nacht brachte mich etwas dazu, meine Augen noch einmal zu öffnen. Da war es – ein Irrlicht unterhalb der Zimmerdecke, ein kleines Suchlicht, dass sich die Wände entlang tastete. Ein Lichtkegel wie von einer altmodischen Taschenlampe mit nicht ganz neuen Batterien. Faszinierend. Ich bin aufgestanden, habe das Fenster entriegelt und abgewartet. Das Licht sank zu Boden und verlosch langsam. Ich musste die Lampe anschalten und konnte eine kleine Fliege mit pechschwarzen Flüglen vom Boden aufnehmen und in die frische Nacht entlassen. Das Fünkchen strahlte heller als der Mond.