Pfffffff…. 10 Meter Holz. Hatte noch nie so viel auf einmal. Bekanntlich war es ein langer, langer Winter, und diesmal war fast alles aufgebraucht. In der Hoffnung, dass es im nächsten Jahr nicht wieder knapp wird (und natürlich auch in der Hoffnung, das der kommende Winter es etwas besser mit uns meint oder einfach einen weniger langen Atem hat), habe ich also gleich eine ganze Menge Holz bestellt. Zwei ‘Fuhren’ mit dem grossen Anhänger.

Hier muss nun erst einmal mein Lieferant erwähnt werden: da die Zustellung hier nicht ganz einfach ist, habe ich damals gleich den Vormieter gefragt, wer ihm das Holz liefert. Er gab mir Namen und Telefonnummer, und hat die Lage des Hauses beschrieben. Als es dann schon höchste Zeit für Brennholz war, und mit der Telefonnummer wenig erfolg hatte, bin ich hingefahren. Nach einiger Zeit kam endlich ein kräftig gebauter Mann aus dem Haus, der mich ziemlich verständnislos ansah, und, als er mein Anliegen angehört hatte, nur meinte: “Ach, der Tate”. Okay, das bedeutete, dass ich eigentlich seinen Vater brauchte. Der war aber gerade nicht da und ich sollte es doch wieder versuchen. Nach zwei oder drei weiteren Anläufen dann endlich der ‘Tate’ persönlich. Relativ dürr, mit leicht mitgenommer Körperhaltung, wie ich inzwischen erfahren hatte, knapp 80 und mit bemerkenswert wenigen Fingern und auch zu wenigen Daumen. Begrüsst wurde ich aber mit einem unglaublich lebendigen, listigen, lebhaften Blick aus klarblauen Augen. Die Unterhaltung gestaltete sich zuerst holprig – erstens war ich ja eine ganz Fremde, und stellte sich heraus, dass das Telefon ohnehin relativ nutzlos wäre, weil der Mann recht taub war (sein Gehör wahrscheinlich der selben Säge zum Opfer gefallen wie die fehlenden Finger), ausserdem sprach er natürlich stark im Dialekt, was aber durch die fehlenden Zähne noch undeutlicher wurde. Wir konnten aber doch soweit eine Vertrauensbasis entwickeln, dass er mir zusagte, Brennholz zu bringen. Nach und nach entspann sich schon ein ausführliches Gespräch über Holzarten, Länge, Zustand, Lagerzeit, Vorzüge und Nachteile bestimmter Öfen etc. Er schien ausgezeichnet Lippenlesen zu können, und auch meine leicht andere Sprechweise schien der Sache keinen Abbruch zu tun. Also konnte man sich mit ihm unterhalten, und zwar auf durchaus lehrreiche und interessante Weise. So kam es also zu unserem ersten Geschäftsabschluss.

Nun zur Lieferung: der Schotterweg lässt sich zwar problemlos mit dem Traktor befahren, nur gibt es für grössere Fahrzeuge hier keine Wendemöglichkeit, schon gar nicht mit einem Monsteranhänger. Und er, knapp 80, dürr, kaum Finger, superlebendige Augen, ist derjenige, der die ganze hügelige, leicht kurvige Strecke mit Monsteranhänger rückwärts fährt. Zirka 700 Meter, er braucht dafür, noch nicht mal im Schritttempo, mindestens eine Viertelstunde. Der Weg ist schmal, der Hänger verdeckt die Sicht. Wer ungefähr weiss, wie anstrengend das Fahren auf diese Weise ist, darf ihm Respekt zollen. Wenn er ankommt, hat er Krämpfe im Bein von der Kupplung. Irgendwie fühle ich mich auf ihn angewiesen. Wer sonst, zum Geier, würde das machen??!?

Ich habe auch ein schlechtes Gewissen, ihm das überhaupt zuzumuten. Deshalb bin ich dieses Jahr hingegangen und hab ihn gefragt, ob er den den langen Weg überhaupt auf sich nehmen will. Er hat alle Bedenken natürlich sofort sehr lebhaft und so vehement zerstreut. Ein anderer müsste ja auch da rauffahren. Meine Frage war natürlich ein Fehler – für ihn eine Herausforderung, die er nicht hätte zurückweisen können. So war er nun zum dritten und vierten Mal hier. Gleich an zwei aufeinanderfolgenden Tagen. Sein Nacken muss steif sein, sein Kupplungsbein auch. Und er hat mir gesagt, ich soll gesund bleiben, dann richtet er nächstes Jahr wieder Holz für mich her. Ich hoffe, er bleibt auch gesund. Er sieht danach aus. Ausserdem hat er mich gefragt, wie alt ich ich denn wäre. Nur die alten Leute würden jetzt bestellen; die Jungen kämen erst, wenn sie die Wollmütze schon aufhaben.

Mein Nacken und meine Schultern sind auch recht steif. Die erste Hälfte habe ich an einem Abend verräumt, weil die nächste Ladung ja gleich nachkommen sollte. Heute bin ich es etwas langsamer angegangen, aber es ist eine ganze Menge Holz. In die Schubkarre laden, zur Holzhütte radeln, dort auskippen und einräumen. So richtig ‘aufgeschlichtet’, aber doch nicht so genau, es dient ja nicht der Zierde des Hauses, wie die kunstvollen Holzstösse mit regelrechten Mustern, die man heute noch sieht. Allein hier im weiteren Umkreis gibt es die Bezeichnungen Gren, Lechen oder Letn. Und ähnliche Ausdrücke. Und doch ein Holzstoss draussen vor dem Haus. Weil es nach was aussieht. Weil der Weg kürzer ist und der Platz drinnen knapp wird. Weil es die Katzen freuen wird. Meine moralische Unterstützung ist auf dem Bild zu sehen. Leider habe ich nicht daran gedacht, meinen Liefernaten und sein Gespann zu fotografieren – er trauert seinem alten Traktor nach, der keine Strassenzulassung mehr bekommt. Ich kann es ihm nachfühlen. Nun fährt er so ein Ding, bei dem der Fahrersitz schon eineinhalb Meter über ihm liegt…